Ist es möglich, eine Online-Konferenz mit fast 300 Teilnehmern in weniger als vier Wochen zu organisieren? Lässt sich ein erfolgreiches, traditionelles Event im Web-Browser statt in einem Konferenzhotel veranstalten? Die Antwortet lautet: Ja, das geht! Und hier ist ein Blick hinter die Kulissen aus der Sicht einer Teilnehmerin.

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Ich muss eingestehen, dass ich wirklich sehr traurig war, als ich hörte, dass die sechste Checkmk Konferenz in München aufgrund der Coronakrise abgesagt werden muss. Ich hatte mich schon so gefreut, in den Süden zu reisen und Zeit mit den Checkmk-Entwicklern, -Consultants und -Nutzern zu verbringen. Gut, so ging es wahrscheinlich jedem anderen Teilnehmer auch – inklusive der Organisatoren, die jedoch plötzlich einen Plan B aus der Tasche zogen. Hier erzähle ich euch was vor, nach und während des 28. und 29. Aprils 2020 passierte – online und offline.

Wir haben einen Plan!

Wie organisiert man eine Online-Konferenz? Hm, wie jede andere Konferenz auch – nur ohne dass man dafür ein Hotel, einen Ort für den geselligen Teil und einen Catering-Service etc. buchen muss. Zunächst fängt man jedoch damit an, nach der richtigen Software und der benötigten Hardware zu suchen, die allen Anforderungen entspricht.

Fangen wir mit der Software an. Du willst für eine solche Online-Konferenz auf jeden Fall eine Lösung, die anders aussieht als Zoom, Jitsi oder Google Hangouts. Jeder kennt diese Plattformen und die meisten von uns Techies sind gelangweilt von diesen ganzen Online-Meetings, die immer gleich aussehen und ablaufen. Zweitens – und das ist viel wichtiger: Du willst eine Plattform, die problemlos im Web-Browser läuft, ohne dafür eine nervige App installieren zu müssen. Außerdem soll sie zumindest folgende Funktionen haben:

  • Streaming,
  • Abstimmungen,
  • parallele Tracks,
  • Wechsel zwischen den Sessions/Channels,
  • Räume für 1-on1-Meetings und
  • eine Zugangskontrolle.

Ideal ist eine Lösung, die es den Nutzern erlaubt, im Vorfeld der Konferenz einen System-Check durchzuführen, damit sie testen können, ob beispielsweise Download- und Upload-Geschwindigkeit, Firewall-Einstellungen, Betriebssystem und Web-Browser sowie Audio- und Video-Einstellungen den Anforderungen der Konferenzplattform entsprechen.

Kommen wir nun auf die Hardware zu sprechen… Eine professionelle Konferenz beinhaltet mehr als Präsentationen vor der eigenen Webcam. Angesichts der Tatsache, dass Mathias bereits eine Menge Film-Equipment besitzt, war es für das tribe29-Team ein leichtes, im Münchner Büro ein eigenes Filmstudio mit drei Kameras, Mikrofonen und Beleuchtung für die Konferenz einzurichten. Dadurch realisierte das Organisationsteam gleichzeitig eine richtige Bühne für die Sprecher.

Jetzt galt es nur noch eine leistungsstarke Maschine zu finden, die sich als Streaming-Server eignete. Da sich der kurzfristige Kauf von neuer Hardware in Coronazeiten durch die langen Lieferzeiten äußerst schwierig gestaltete, opferte das tribe29-Team kurzerhand seinen eigenen Gaming-Server und funktionierte ihn zum Streaming-Server um.

Es braucht ein Team

Das Organisationsteam für die Checkmk-Konferenz arbeitete nahezu rund um die Uhr. Neben der Stornierung von bestehenden Buchungen mussten sie mit allen angemeldeten Teilnehmern Kontakt aufnehmen und sie auf das Online-Event umbuchen. Außerdem versendete tribe29 über 200 Care-Pakete an die Teilnehmer – was nicht so einfach ist, wenn die Post-Filialen geschlossen sind – und setzte eine neue Website für die virtuelle Konferenz auf. Das Team suchte außerdem nach Tools für die Organisation von 1-on-1-Meetings, eine Lösung für einen zentralen Chat-Raum und einen Weg, um den Teilnehmern Einwahlnummern aus verschiedenen Ländern bereitzustellen. So konnten die nicht deutschsprachigen Teilnehmer den englischen Audiostream hören, der von zwei professionellen Simultanübersetzern bereitgestellt wurde.

Das Organisationsteam hat es außerdem geschafft, nahezu alle geplanten Vorträge und Talks in das neue Online-Format zu übertragen. Lediglich die Workshops, die für den 27. April vorgesehen waren, mussten sie absagen. Diese finden dann hoffentlich nächstes Jahr statt. Eine positive Alternative waren jedoch die „Ask me anything“-Sessions, in denen sich Konferenzteilnehmer und tribe29-Mitglieder über technische Themen oder über das Unternehmen hinter Checkmk austauschen konnten.

Während des tribe29-Team am letzten Tag vor der Konferenz noch mit den allerletzten Vorbereitungen beschäftigt war, versammelten sich bereits erste Teilnehmer im Slack-Channel, um Hallo zu sagen oder um über die neue und ungewohnte Situation zu chatten. Einige zeigten sich auch skeptisch, ob diese Online-Konferenz überhaupt funktionieren würde. Natürlich machten auch einige Witze über die Auswirkung von nicht möglichen Friseur-Besuchen auf die Frisuren der Sprecher und über die (nicht) bereitgestellten Drinks und Schokolade. So entstand auf Slack schnell eine angenehme und gesprächige Atmosphäre und ich freute mich sehr, auf diese Weise ein paar bekannte Gesichter wiederzusehen und andere Teilnehmer kennenzulernen.

Und so fing es an...

Die virtuelle Konferenz-Lobby öffnete früh am Morgen und – wie im wirklichen Leben – begrüßten sich die Leute, winkten mit ihren virtuellen Kaffeebechern und witzelten über den langen Abend zuvor. Dann war es plötzlich schon 9:30 Uhr und Mathias und Jan eröffneten die Konferenz. Sie erzählten, was seit der letzten Konferenz passiert ist und gaben einen Überblick über die Prioritäten in diesem Jahr. Sie erklärten uns natürlich auch, was uns während der Online-Konferenz erwartet und wie alles funktioniert.

Die meisten Talks und Diskussionen verliefen reibungslos und ohne technischen Probleme. Nur vereinzelt kämpften einige Teilnehmer mit Soundproblemen. Andere wiederum berichteten, dass bei ihnen der Wechsel von der „Hauptbühne“ zu einer „Questions & Answers“-Sitzung nicht funktionierte. Aber im Großen und Ganzen war es eine beeindruckende Show!

Marsellus mit Iro.

291 Menschen nutzten die Konferenzsoftware und die Slack-Channels. Die meisten davon waren aus Deutschland, aber es gab auch Teilnehmer aus Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Schweden, Norwegen, Finnland, Polen, Slowenien, Ungarn, Rumänien, der Tschechischen Republik und aus den Vereinigten Staaten.

Die soziale Seite

Einige Teilnehmer sagten nach der Konferenz, dass ihnen das Socialising mit den anderen Teilnehmern ein wenig gefehlt hat. Es hat geholfen, dass es die üblichen Witzeleien in den Slack-Channels gab, inklusive eines „Share your Food“-Threads. Aber machen wir uns nichts vor: Wir haben es alle vermisst, bei einem Kaffee oder einem Bier persönlich miteinander zu sprechen.

Einige von uns hatten außerdem Spaß in einem Videochat am Dienstagabend, den Marsellus liebevoll aufgesetzt hat und im allgemeinen Slack-Channel angekündigt hat. Wir haben alle unseren eigenen Drinks mitgebracht, Musik gehört und über dies und das gechattet. Obwohl es ein wirklich schöner Abend war, bevorzuge ich jedoch das reale Leben. Nächstes Jahr dann hoffentlich wieder!

Let's meet again!

Die meisten Teilnehmer mit denen ich während oder nach der Konferenz sprach, sagten, dass sie von der Konferenz beeindruckt waren. Manche bevorzugten sogar die Online-Variante, da es einfacher für sie war, Fragen zu stellen. Andere wiederrum sagten, dass ihnen die persönliche Interaktion gefehlt hat. Ich habe auch mit Leuten gesprochen, die erzählten, dass sie nur online an der Konferenz teilnehmen konnten. Schließlich kann es sich nicht jedes Unternehmen leisten, einen Angestellten zu einer zweitägigen Veranstaltung nach Deutschland zu schicken.

Am Ende kam mir aber tatsächlich nur eine einzige, wirkliche Beschwerde zu Ohren. „Schade, dass ich mich selber um mein Essen kümmern und meinen eigenen Kaffee machen musste“, monierte ein Teilnehmer 😉

Hoffentlich sehen wir uns alle im nächsten Jahr wieder. In der Zwischenzeit: Danke für den Fisch und bleibt gesund!